Sperrfrist
Fr, 31. Mai 2024, 18.00 Uhr

Fr
18.00–19.00
in Deutscher Gebärdensprache
Zentraler Ökumenischer Gottesdienst | Gottesdienst
Zukunft wagen!
Zentraler Ökumenischer Gottesdienst
Frank Uphoff, Bund Freikirchlicher Pfingstgemeinden, Velbert
Charlotte Weber, ev. Kirchenrätin, Erfurt

Frank Uphoff: Wenn ich so über die gehörten Bibeltexte nachdenke, dann frage ich mich, wie ich mich wohl in der Situation gefühlt hätte angesichts dessen, was in Jerusalem hinter den Jüngern lag. Sie waren ja so hoffnungsvoll, fast enthusiastisch mit Jesus unterwegs und haben sich ausgemalt, wie es sein würde, wenn Jesus „sein Reich“, von dem er ja immer geredet hat, sichtbar werden lassen würde. Und dann diese Enttäuschung. Jesus. Einfach gekreuzigt, nicht mehr da …

 

Charlotte Weber: Ja, die Jünger hatten große Hoffnungen auf Jesus. Sein Tod muss für sie eine echte Enttäuschung gewesen sein. Jesus war für sie eine Antwort auf ihre Fragen, auf ihre Ängste, ihre Sehnsüchte – und so unterschiedlich wie sie waren, so unterschiedlich war sicher das, was sie in Jesus gesehen hatten. Was sie von ihm erwartet haben. Die Jünger waren ja ein zusammengewürfelter Haufen, jeder aus anderem Hintergrund. Fischer, Zöllner, Handwerker, Männer und natürlich auch Frauen, obwohl die nicht so sehr erwähnt werden. Was sie verbunden hat, als sie miteinander durchs Land zogen, war ihr gemeinsamer Freund und Lehrer: JESUS.

 

Frank Uphoff: Der Gedanke gefällt mir, Charlotte. Ich hätte mir auch eher weniger vorstellen können, dass du als Evangelische Pfarrerin und ich als Pfingstprediger einmal gemeinsam im Dom zu Erfurt eine Dialogpredigt halten würden. Quasi, gemeinsam auf dem Weg sind. So bunt, wie das Miteinander der Jünger. 

Ja, bei uns ist das so ähnlich, wie bei den Jüngern. Theologisch haben wir zwar unterschiedliche Ansichten, aber was uns verbindet ist JESUS. Wenn wir ihn in der Mitte haben, richtet sich alles nach ihm aus. Das ist mir in der ökumenischen Begegnung immer wichtig. 

 

Charlotte Weber: Dabei geht es uns doch manchmal auch so wie den Emmausjüngern. Wir erkennen Jesus nicht. Wir nennen uns zwar nach ihm, wir reden über ihn, aber wir verstehen nicht, dass er selbst bei uns ist, in unserer Nähe. 

Die Jünger hatten im Rückblick auf den gemeinsamen Weg mit Jesus viel Grund zur Dankbarkeit. Frank, wofür bist du eigentlich dankbar, wenn du auf unseren ökumenischen Weg in Deutschland blickst? Du warst ja mehr als 10 Jahre Delegierter des Bundes freikirchlicher Pfingstgemeinden in der ACK, in der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland.

 

Frank Uphoff: Zu Anfang fand ich es im Miteinander sehr formell. Ja, ich hatte lokale Erfahrungen, aber das war irgendwie anders. Aber das hat sich sehr gewandelt. Auf dem gemeinsamen Weg sind Freundschaften und starke Beziehungen entstanden, die ich sehr schätze. Ich habe erlebt, wie man einander vertraut, füreinander einsteht, in einer Weise, wie ich es nicht erwartet hätte. Das finde ich klasse. Wenn wir mit Jesus in der Mitte unterwegs sind, dann schenkt er uns eine positive Grundhaltung dem anderen gegenüber.

Mag ich deswegen alle gleichermaßen? Das ist wie bei der ACK-Candy-Bar. In Nürnberg auf dem Ev. Kirchentag hat mir der Dienst am Stand besonders Freude bereitet. Die verschiedenen Haribo-Sorten als Bild für die Vielfalt der Kirchenlandschaft. Wie gut, dass es nicht nur eine Sorte gibt! Die Leute waren schon sehr wählerisch, was sie mochten und was nicht. 

Aber dass wir nicht sagen müssen: „Diese Sorte Haribo darf es hier nicht geben!“, das gefällt mir. Nun, das Bild hinkt natürlich, abgesehen davon, dass ich auf Zucker verzichte. Aber jeder hat eben so seine Vorzüge, und manche sind auch etwas „sauer“ zu genießen. 

Und, Charlotte, wofür bist du dankbar? 

 

Charlotte Weber: Ich kann bei ökumenischen Begegnungen immer ganz viel von den anderen lernen. Und so sehr ich die Candy-Bar mit den ganz unterschiedlichen Geschmacksrichtungen mag – es geht ja bei den Unterschieden zwischen uns Kirchen nicht nur um persönliche Vorlieben. Es geht nicht darum, ob jemand Lobpreis lieber mag oder Orgelmusik, ob Dom oder Hauskreis. Lakritze muss ich nicht mögen – aber ich kann von anderen Kirchen lernen, was ihnen in ihrem Glauben wichtig ist. So haben wir Evangelischen von Katholiken und Orthodoxen ganz viel über Riten gelernt – und manches auch bei uns übernommen. Und Neuapostolische oder Adventisten sprechen so selbstverständlich über ihre Hoffnung auf das Reich Gottes – das regt mich an, darüber nachzudenken, was das Reich Gottes für mich bedeutet.

Aber die Jünger haben ja auch über Enttäuschung gesprochen. Was macht den gemeinsamen Weg für dich denn schwer? 

 

Frank Uphoff: Bei der Dankbarkeit habe ich angefangen, jetzt schlage ich vor, dass du anfängst, wenn es um das Schwere geht. Einverstanden? 

 

Charlotte Weber: OK. Mir fällt es schwer, wenn ich den Eindruck habe, wir sprechen einander das Christ-Sein ab. Wir machen uns in unseren Kirchen ernsthaft Gedanken, wie wir heute evangeliumsgemäß leben können, was sich daraus ergibt an ethischen Konsequenzen, sei es bei Familienformen, bei Sterbehilfe, bei Krieg und Frieden. Und wir kommen da zu unterschiedlichen Entscheidungen – innerhalb einer Kirche aber auch zwischen den Kirchen. Doch oft können wir dann die „andere Entscheidung“ nicht als eine Entscheidung ansehen, die aus dem Wunsch entspringt, möglichst nah an dem zu bleiben, was Gottes Weg ist. Und dann teilen wir aus und stecken einander in Schubladen: „zeitgeist-getrieben“ gegen „konservativ“, „bibeltreu“ gegen „biblizistisch“; „liberal“ gegen „traditionalistisch“. Da merken wir gar nicht mehr, dass wir gemeinsam auf dem Weg sind. 

Und, Frank, wie sieht es bei dir aus? 

 

Frank Uphoff: Was mir schwerfällt ist, wenn Jesus nicht im Mittelpunkt steht, wenn das Kreuz oder die Auferstehung oder das Wort Gottes infrage gestellt wird, wenn alles quasi in die Beliebigkeit rutscht. „Basteln“ wir uns unseren eigenen Jesus, wie wir ihn brauchen, oder ist er wirklich Herr? 

Ein weiterer Aspekt ist: Unser gemeinsames Zeugnis wird dann geschwächt, wenn „Gottes Bodenpersonal“ versagt. Damit meine ich keineswegs eine bestimmte Kirche, nein es geht um uns alle. Wir müssen uns an der eigenen Nase anfassen. Und Buße tun – und nicht schönreden. Das steht uns nicht an!

Lass uns ehrlich miteinander umgehen, nicht „politisch“. Damit meine ich: Nicht zu reden und zu handeln nach dem Motto: Was dient mir und meinen Interessen? Ehrlich heißt aber auch zu sagen und sagen zu dürfen, wo man nicht mitgehen kann, wo man seine Mühe hat – und dann nicht abgestempelt zu werden. 

Ich wünsche mir aber in unserem Miteinander, dass unsere Augen nicht von Traurigkeit gefüllt sind (wie bei den Emmausjüngern, Luk 24,17) und dass wir deswegen stehen bleiben und nicht weitergehen. 

Charlotte, findest du, dass wir – so, wie die Emmausjünger – stehengeblieben sind? Wo müssten wir weitergehen?

 

Charlotte Weber: Ich finde, wir sollten einander noch viel besser zuhören, so wie die Jünger Jesus auf dem Weg zugehört haben (und er ihnen). Wir sollten nicht nur auf das Ergebnis einer Entscheidung schauen, sondern fragen: Was hat euch bewegt, so zu entscheiden? Was wolltet ihr erreichen – und was soll auf keinen Fall passieren? Oft merkt man dann, dass man bei den Motiven, bei den Ängsten, bei den Sehnsüchten ganz eng beieinander ist – dann aber unterschiedlich gewichtet und sich dann anders entscheidet. Das gilt für mich übrigens nicht nur zwischen den Kirchen, sondern auch in den Familien und in der Gesellschaft: Wirklich hinhören, was den anderen bewegt.

 

Frank Uphoff: Für mich ist im Vers 29 ein wichtiger Ansatz zu finden. Die Jünger baten Jesus INSTÄNDIG (das Wort gefällt mir besonders), er solle bei ihnen über Nacht bleiben. Jesus hat auf die inständige Bitte reagiert. Wir brauchen inständige, überzeugt, nachhaltige Gebete (und auch BeterInnen), die das Anliegen des gemeinsamen Weges durch ihr Gebet begleiten. Ich wünsche mir, dass wir in der Ökumene mehr miteinander beten. 

Und es braucht die Einladung von Jesus in „unser Haus“. Und dazu laden wir dann auch die anderen Jünger ein.

 

Charlotte Weber: Du meinst also gemeinsam das Abendmahl zu feiern? 

 

Frank Uphoff: Jein, das hat ja auch eine starke kirchenpolitische Dimension, wozu ich ja schon etwas gesagt habe. Die ist wohl eher noch schwierig. Da will ich kein Öl ins Feuer gießen, besonders nicht hier im Dom zu Erfurt. Aber einfach unkompliziert sein. Wenn du am kommenden Sonntag bei uns in Velbert im Gottesdienst wärest, dann würden wir dich einladen – egal aus welcher Kirche du kommst – mit uns das Abendmahl zu feiern. Wir würden dich darauf verweisen, dass es wichtig ist, „Jesus in dein Lebenshaus“ eingeladen zu haben und ihm die Herrschaft anvertraut zu haben. 

Charlotte, würdest du mich auch einladen? 

 

Charlotte Weber: Ja, auf jeden Fall – ich denke, da gibt es zwischen unseren beiden Kirchen wenig Unterschiede. Und ich würde mir wünschen, dass wir das Abendmahl noch viel offener und einladender feiern – nicht nur mit denen, die schon immer irgendwie dazu gehören, die sonntäglich gekleidet in der Kirchenbank sitzen. Also nicht nur die, die ein „festes Haus“ haben, sondern alle, die auf der Suche sind, die zweifeln, die rastlos sind, die sich selbst nicht verstehen und Gott schon gar nicht. Hier zitiere ich als evangelische Pfarrerin gerne den Papst: Die Eucharistie ist "keine Belohnung für die Vollkommenen, sondern ein großzügiges Heilmittel und eine Nahrung für die Schwachen" – also für mich, für dich – für viele.

 

Frank Uphoff: Ja, genau. Ich lade vor fast jedem Abendmahl Menschen ein, Jesus in ihr Lebenshaus einzuladen, ihm als seine Jünger nachzufolgen. Glaube muss persönlich sichtbar werden, Auswirkungen in meinem Leben haben. Ich hatte ja schon über das Gebet gesprochen. Als Jesus bei den Jüngern im Haus das Brot brach und den Segen sprach, wurden ihre Augen geöffnet. Wenn wir uns um Jesus sammeln und gemeinsam mit ihm das Brot brechen und gemeinsam beten, werden wir ihn (mehr) erkennen, wie er ist. Und das verändert uns.

 

Charlotte Weber: Gehen wir doch noch kurz auf den anderen Bibeltext ein: Elia war richtig niedergeschlagen und voller Angst, als der Engel zu ihm kam und ihn ermutigte, das Brot, das ihm gegeben wurde, zu essen. „Du hast einen weiten Weg vor dir“, sagt der Engel zu Elia. Und das trifft ja auch auf uns zu. Der Weg in der Ökumene ist weit und oft sehen wir das Ziel nicht klar vor Augen. Und auch in unserer Gesellschaft ist der Weg weit, bis wir wirkliche Lösungen für die Fragen finden, die uns so beschäftigen. Da möchte ich manchmal verzagen. 

 

Frank Uphoff: Ich war dieses Jahr über Pfingsten Camppastor in einem Pfadfindercamp, wo es unter dem Titel „Entscheidung“ um den Propheten Elia ging. Elia war mutig, rief zu klaren Entscheidungen auf, war ein Mann des Gebets, der großartige Dinge für Gott bewirkt hat. Aber es gab auch Momente von Verzagtheit und Angst. Da kam „Der Engel des Herrn“, der ihn berührt hat und ihm das Brot gereicht hat. „Der Engel des Herrn“, so verstehe ich, ist ein Bild für Jesus selbst. Lassen wir uns gemeinsam von ihm das Brot reichen? Für einen langen Weg, der vor uns liegt?


Text wie von Autor/in bereitgestellt. Es gilt das gesprochene Wort.
Veröffentlichung nur mit Genehmigung der Verfasserin/des Verfassers.

 

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